Christrose, auch Lenzrose
Lateinisch: Helleborus, auch Helleborus orientalis
Es scheint, dass sie immer präsent ist, und das ist gut so. Die Christrose und auch die Lenzrosen breiten im Sommer ihre fingerförmigen saftig-grünen Blätter über den Boden und schützen ihn vor Austrocknung. Sie selbst wollen im Sommer im Schatten stehen, nehmen im Winter aber gern den lichten Sonnenschein auf.
Diese Nieswurzarten sind gemeinschaftsorientiert und stören sich nicht an zu eng gepflanzte Nachbarn, was in meinem Garten permanent der Fall ist. Und sie hat jede Menge Farbnuancen in ihren Gattungen, den Nieswurzarten, aufzuwarten. Dabei blüht die Lenzrose (Helleborus orientalis) später als die Christrose (Helleborus niger) und wird auch höher. Lenzosen haben verzweigte Blütenstände. Die Christrosen tragen nur eine Blüte am Stiel. Den Ursprung aber finden wir in der Christrose; sie existiert noch wildwachsend in Bayern und in Teilen Österreichs. Der Name entstammt der Legende: Ein Hirte in Bethlehem soll so traurig gewesen sein, dass er für das neugeborene Christkind keine Blume hatte. Vor Kummer weinte er. Seine Tränen verwandelten sich in die weißen Blüten der „Schneerose“, wie die Blume auch genannt wird. Fortan hieß sie Christrose.
Lenzrosen oder Christrosen gehören zur Gattung der Nieswurz, aus der Familie der Hahnenfußgewächse. Sie sind widerstandsfähig gegen Kälte. Dass die Kälte gar nichts ausmacht, stimmt nur bedingt. Denn wenn die Blüten aufgegangen sind, und dann noch einmal die Kälte reinkracht, schlappen sie zu Boden. Aber, auf wundersame Weise richten sie sich auch wieder auf. Man sollte es nur wissen. Die Ursache der Blütenflexibilität ist die Fähigkeit des Druckausgleichs in den Zellen: Niedrige Temperaturen gleich niedriger Zellendruck, die Flüssigkeit in den Pflanzenzellen kann sich nicht ausdehnen. Steigende Temperaturen gleich höherer Zellendruck und damit Ausdehnung und damit Aufrichten der Stiele mit den Blüten.
Die Blüten, sie stoßen sich wie besonders willensstarke Babies, die unbedingt schon Stehen wollen und ihren Popo nach oben strecken, aus dem Boden. Erst erscheint das cremefarbene am Ende eines rostroten Stielhäkchens geformte als längliche Bommel verpacke Blütenblattgebilde. Dann erst drücken sich die Köpfe langsam gegen einen unsichtbaren Widerstand über die Blätter hinaus und endlich, zeigen sie uns das, wofür wir sie lieben: die sechs kelchförmigen Blütenblätter mit markantem gelben Blütenstempel. Was für ein Wunderwerk der Blütenbildung.
Gepflanzt habe ich die mit ersten leuchtend weißen Blüten erscheinenden Helleborus niger, die Schwarze Nieswurz mit grünen Blättern, aber auch die xxx; sie alle sind Tiefwurzler, vielleicht ist dies ein Grund der Widerstandsfähigkeit, da sie noch aus der Tiefe des Bodens ihre Nährstoffe holen. Beim Schwarzen Nieswurz sind nur die Wurzeln schwarz, die Blätter sind leuchtend weiß.
Sie kann viel, diese Pflanze, nicht nur namensmäßig verwirren. Sie kann mehr, die Giftige! In den Wurzeln und Blättern hat sie Gift gespeichert. Das ist ihr Schutz vor Freßfeinden. Die Griechen warnten schon im Namen vor der Giftigkeit der Pflanze: helein bora. Das bedeutet „giftige Speise“; dafür verantwortlich sind Saponine in Verbindung mit Protoanemonin. Allerdings ist das Gift in der Wurzel konzentriert; der Verzehr würde zu Durchfall und Schwindelanfällen führen. Also, Finger weg von der Wurzel. Früher jedoch wurde die Wurzel in der Volksmedizin als Herzmittel verwendet. Seine Reizwirkung auf die menschlichen Schleimhäute nutzte man in Pulverform als Schnupftabak bzw. Niespulver. Für uns Gärtner heißt das, dass wir beim Schneiden Handschuhe tragen sollten, da der austretende Blattsaft zu Hautreizungen führen kann.
Wie wir Menschen das beim Genießen der ersten Frühlingssonne tun, so reckt die Christrose ihre zahlreichen Blütenstiele jeglichem Winter- und Frühlingssonnenstrahl entgegen. Sie blüht lange. Durch den Winter hindurch, aus den Schnee hervorlugend, weit in den Vorfrühling hinein. Die weißen Blätter sind Hüllblätter; die eigentlichen Blüten sind die mittig sitzenden Kelchblätter.
Und selbst, bevor sie sich in den Sommerschlaf verabschiedet, schenkt sie uns die rosé-grün rostfarbenen Blüten, aus deren Mitte die Samenstände markant hervortreten. Die langen Fühler der Samenkörner sind begehrte Ameisennahrung.
Sie ist blattgrün das ganze Jahr über und kommt mit jedem Standort klar, jedenfalls hier in der Sand-Sonnen-Region. Das belohne ich mit Halbschatten unter Gräsern oder Stauden. Im März erhält die Christrose ihre Düngergabe mit Hornspänen, da in dieser Zeit schon die Blüten für die nächste Saison angelegt werden, im Juli dann bekommen die Pflanzen ihre zweite Gabe.
Irgendwo las ich, dass irgendjemand die Blätter abschneidet, um die Blattkrankheit zu vermeiden. Ich tue es auch, wenn sie sich gar zu breit machen, auch, wenn die Blätter fleckig werden, damit sich nichts ausbreitet, was nicht in die Pflanzen gehört. Es ist die Schwarzfleckenkrankheit, die durch einen Pilz verursacht wird. Er legt sich auf die Blätter und geht in die Stiele. Dann werden die Blüten nicht mehr versorgt und sterben ab. Bei Befall mit Coniothyrium hellebori, der Schwarzfleckenkrankheit, soll rückgeschnitten werden, notfalls auch radikal. Auch der Standort soll überprüft werden: Wenn die Pflanze zu feucht steht, breitet sich der Pilz gern aus. Eine Behandlung mit Algenkalk soll auch helfen; Erfahrung habe ich damit noch nicht.
In meinem Garten gibt es die Graublaue Blue Metallic Lady, noch klein, aber im Park von Potsdam West habe ich sie als Busch rund 40 cm hoch mit lila-rosé-farbenen Blüten gesehen. Gepflückt werden darf sie wildwachsend nicht. Die Christrosen stehen in Deutschland auf der Roten Liste der besonders gefährdeten Arten; sie ist laut Bundesartenschutzverordnung besonders schützenswert. Ich fange im Garten damit an und pflege sie und bewundere ihre vielfältige Schönheit