Dahlie - Gartensinn

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Dahlie
Botanisch: Dahlia
Besonderheit: einfach blühende Sorten sind Insektenmagneten

Früher waren sie Herbstblüher. Wenn in meiner Kindheit die Dahlien in den Gärten leuchteten, war der Einstieg in den Herbst gesetzt. Jedoch, früher war nicht alles besser. Das zeitigere Blühen in der Jetztzeit erweitert die Farbvielfalt. Die Dahlien punkten mit ihrem Angebot, die Blühdauer nicht zu verkürzen.

Schon den ganzen August hindurch blühen große, kleine, runde, spitze, einfache und gefüllte Dahlien. Das ist optimal. Denn der große Rosenauftritt im frühen Sommer hinterlässt Leere, die gezielt gefüllt werden muss. Nicht mit Duft, aber mit Varietäten.

Wenn ich Lücken füllen muss, die nicht durch die Knollen meiner Überwinterungsdahlien gefüllt werden können, gehe ich in ein Pflanzencenter und kaufe einen blühenden Dahlientopf. Meist aber habe ich bereits im Frühjahr die Knollen nach dem letzten Frost gelegt, die ich nach dem ersten Frost im Herbst aus der Erde genommen und in der Sandkiste überwintert habe. Nicht, dass ich sie essen will – denn sie enthalten Inulin und wurden bei den Azteken zu Heilzwecken verwendet.

Wichtig ist die sorgfältige Überwinterung, denn aus dem Wurzelhals, der unversehrt sein muss, treiben die neuen jungen Dahlien ihre Triebe aus. Die Kennzeichnung der Farbe auf einem Holz- oder Plastestab geschrieben ist für mich das wichtigste: Jede Farbe hat ihren Platz in meinem Garten. Größe und Blütenaufbau will ich auch vermerken, oder aber ich muss mir die Memoryspielkarten legen.

Das passiert, wenn ein Dahlienriese eine luftig-leichte Staude erdrückt oder ein Dahlienzwerg von einer Staudenmasse erniedrigt wird.
Noch im Schneiden der abgeblühten Gladiolenstiele, schaue ich zur Dahlie und denke: Wie gut, dass der schwedische Botaniker Anders Dahl diese „Sonne der Azteken“ in das wechselwarme Europa brachte. Schön, dass sie jetzt ihre freie Entfaltung beginnt und die kahlen Gladiolenblätter überdeckt. Die Riesenblüten ziehen natürlich die menschlichen Blicke zuerst auf sich. Die einfachen Miniblüten jedoch ziehen die Bestäuber an sich. Und das sogar ohne Duft.

Es ist so bezeichnend für die freie Natur: Das von Menschenhand und –hirn Hochgezüchteten lassen die wahren Nützlinge links liegen. Die interessiert die schlichte Sachlichkeit. Da stehe ich vor meiner sonnenleuchtenden Königsblüte, zupfe das Verblühte ab und vermesse sie: 20 cm im Durchmesser bietet mir die erste und größte Blüte an. Dann schwenke ich zu meiner geliebten „Tartan“ in kräftigem Lila mit weißen Spitzen. Auch sie vermesse ich und erhalte eine Blütengröße von 12-14 cm im Durchmesser. Und? Nichts! Überall in der Umgebung summt es, umschwirrt es mich oder die Blüten. Aber die riesigen Schönheiten verbreiten Stille. Also mache ich ein paar Schritte zu den Kleinsten im Beet, dessen Köpfchen mit einem Zungenblüten um ein gelbes Sonnenrad mit Röhrenblüten zentriert ist. Die kleinen Offenen erinnern noch an die Margeriten, mit denen sie als Korbblütler verwandt sind. Und was sehe ich? Bienen jegliches Couleurs, Hummeln groß und Hummeln klein. Was haben sie, was die Repräsentativen nicht haben? Ein glattes offenes Pollenzentrum! So! Das Nützliche ist also entscheidend! Wenn die massenhaften nach außen oder nach innen gerollten Blütenblätter keinen Einlass zur Genussmitte der Dahlienblüte gewähren, muss sich die Schönheit nicht wundern, dass sie verschmäht wird. Die kleinen nützlichen Dahlien aber sind nicht nur freizügig, sondern produzieren auch in Fließbandeile fast täglich neue Blüten. Obendrein ist also frischer Nachschub für die fliegende Zunft gesichert.

Nein, nein, ich meckere doch nicht. Die Züchter haben mir schon so viel Freude beschert, dass ich ab und an die Insekten vernachlässigen möchte. Und solange ich die Balance schaffe zwischen reiner Schönheit und schöner Nützlichkeit ist alles im Lot. Und tatsächlich haben die Züchter Bewunderungswertes geschaffen. Ursprünglich waren sie wild, die Dahlien. Vieles, was exotisch ist und bei uns einflog, kam aus Mittelamerika. Die Dahlie auch. Für Deutschland und speziell für den Botanischen Garten in Berlin war Alexander von Humboldt 1803  der große Glücksbringer, der den Samen der roten Wilddahlie aus Mexiko sandte. Sie entwickelte sich, verbreitete sich und wurde stetig weitergezüchtet. Was sie bei uns nun braucht, ist regelmäßige Feuchtigkeit und eine Stütze, wenn sie gen Himmel strebt.

Und wenn ich mich wieder mal selbst nerve, weil ich diese ganze Vielfalt strukturieren möchte, kommt mir die Dahlienschau in Britz zu Hilfe. Sie schreibt auf den Schautafeln, dass die Dahlien nach Aufbau und Aussehen der Blüte klassifiziert werden. Wie schön übersichtlich das ist!

    • Seerosen-Dahlie
    • Dekorative Dahlie
    • Ball-Dahlien
    • Pompons-Dahlien
    • Einfachblühende Dahlien
    • Halskrausen-Dahlien
    • Cactus-Dahlien
    • Semi-Cactus-Dahlien
    • Diverse Dahlien

Wenn mir mal mein eigener Augenschmaus nicht genügt, oder ich praktische Anregung brauche, gehe ich einfach nach Britz oder Erfurt oder Lindau, wo es jährlich die flächenweise Pracht von Dahlien gibt. Schön, wenn es Fachleute gibt, die uns diese Augenblicke vergönnen.
So! Und dann das! Da isse wieder, diese Verwirrung. Da wühle ich in den Akten meiner gewesenen und noch existierenden Gartenbewohner und finde ein Pflanzkärtchen der großen roten Dahlie. Da ist die Semi-Cactus-Dalie mit der roten Löwenmähne zur Gefransten Dahlie „Apache“ mutiert. Na toll! Gab es bei den Apachen überhaupt Löwen mit halbem Kaktus?

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