Hyazinthe
Botanisch: Hyacinthus, aus der Familie der Spargelgewächse
Besonderheit: frühe Bienenweide
Niemand soll mir eine Hyazinthe für die Wohnung schenken. Kein Besucher hat ein Stein im Brett, wenn er eine Hyazinthe bringt. Sie sind für mich die Lilien des Frühlings, so stark duftend, dass mein Duftsinn schlapp macht. Durchdringend, süßlich, schwer. Draußen aber, da sind sie gut. Oft, wenn ich im Frühjahr auf den Knien gelegen und versonnen die ersten Unkräuterchen zupfte, trug mir der Wind eine intensive Duftwolke in die Nase. Erschrocken fuhr ich auf und dachte – jetzt hat es mich zu den Exoten verschlagen.
Und tatsächlich, die Hyazinthe hat schon eine lange Wegstrecke der Pflanzenkultur zurückgelegt. Geschafft hat sie es, mit der Tulpe Ende des 15. Jahrhunderts nach Europa eingeführt zu werden. Und schon ging das Gezüchte los. Aus den zarten himmelblauen Blüten wurden im 18. Jahrhundert die Großen, die Blütenkolben, die über und über mit Glöckchen besetzt waren. Heute ist sie ein Wunderwerk. Beim näheren Betrachten erst offenbart sie ihre Konstruktion: Sie öffnet sich mit Bedacht. Von den untersten Glöckchen an aufwärts bis zur Spitze erwacht ihr aufrecht stehender Glockenkolben. Erst dann setzen sie sich wie Synchronschwimmer schön gleichmäßig um die Spitze des Stieles zurecht. Und – lassen sich bestäuben.
Sie sind sich selbst genug. Dicht an dicht sitzt die Blütenfamilie und scheint in alle Himmelsrichtungen nach Insekten zu rufen. Zu dicht, zu schwer sind sie für Notzeiten: Ihre Schwachstelle ist der Stängel. Gibt es noch einmal Nachtfröst, wird der fleischige Stiel schlapp. Samt ehemals spitzer Blätter liegen die wunderschönen dunkelblauen, lilafarbenen, roséversprühenden, porzellanweißleuchtenden schlapp auf dem Gras. Da müssen sie noch dran arbeiten! Haltung zeigen!
Das hätten sie ja schon mal erledigen können mit der Haltung. Schließlich gibt es sie schon seit der Antike. Aber da waren sie noch Mythos. Der besagt, dass Hyakinthos durch den Diskus des Gottes Apollon getötet wurde. Apollon war darüber sehr betrübt, denn es geschah nicht mit Absicht. Und Hyakinthos war viel zu schön, um so früh zu sterben. Also tröstete Apollon sich damit, dass er die Blutstropfen des Jünglings in Blumen verwandelte.
Auch als Hochzeitsblume galten Hyazinthen in der Antike. Da frag ich mich doch, warum? Bei dem Duft! Wen wollten sie damit umhauen? Die Braut? Oder den Bräutigam, dann im Bett? Und wenn, was sollte sie überduften?
Und dann hat sie sich noch die kleinen Nichten und Neffen züchten lassen:
Die Kugelhyazinthe
Botanisch: Muscari
Sie sind die kleinen Zwiebelgewächse aus der Familie der Spargelgewächse.
Im Oktober/November als Zwiebel gesetzt, blühen sie im Februar bis in den April hinein. Erst schieben sie die vielen lanzettlangen grünen Blattbüschel heraus. Anders als bei ihren großen Verwandten sind die Blätter schmiegsam und zart wie junges Gras. Erst rund vier Wochen später ist in der Mitte dieses grasähnlichen Blattgewusels ein graublaues Höckerchen zu sehen. Dann schieben die vielen kleinen Zipfelchen der umliegenden Wuselblätter die blauvioletten Blütenkolben hervor. Und dann sind sie nicht allein, kein Stiel kommt mit nur einer Blüte, dann sind sie so viele an einem Stiel, dass sie schon wieder als Bienenanflugschneise dienen. Aber ihre Blütenglöckchen sind anders als bei ihren großen Verwandten am unteren Rand fast geschlossen. Sie wirken wie ein kleiner Mund, der erstaunt ist über die Wunder des Frühlings oder über den Vogelgesang, der die Luft zum Schwingen bringt.
Diese Miniaturglöckchen sind 10-20 cm hoch. Angeblich soll den Muscaris ein leichter Moschusduft entweichen. Die Bienchen und Hummeln sind Insider; sie wissen es und die kleinsten unter den Wildbienen besuchen sie gern.
Die Traubenhyazinthen beginnen ihre übermäßig vielen Glöckchen in Sattblau bis Taubenblau oder sogar in Weiß an ihrem Traubenstand von unten her zu öffnen, und in genau dieser Reihenfolge vergehen sie auch, von unten her. Ab Ende April krumpeln noch ein paar welke Blütenstände und schließlich schlaffen die vielen grünen Blätter bis in den Mai hinein ab.
Als Beetumrandung sind sie dankbar einzusetzen, da sie im Herbst schon wieder austreiben. Sie sind auch anspruchsloser als ihre großen Verwandten, denn sie können in der Sonne bei trockenem Boden ihre Zwiebel nähren. Wunderbar wuchern sie auch unter lichten Sträuchern. Im Allgemeinen pflege ich sie nicht, dünge sie nicht, sondern lasse sie nach dem Darwin’schen Gesetz, dass der Stärkere siegt, treiben. Das kommt den kleinen Multiglöckchen entgegen. Sie wollen einfach in Ruhe abschlaffen und ihre kräftig frühlingsgrünen Blättchen in Würde vergilben lassen. Im nächsten Frühling sind sie dann tapfer bei der Bekämpfung unserer Frühjahrsehnsucht dabei.