Funkien - Gartensinn

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Funkien
Botanisch: Hosta

Diese gigantische Familie der Blättrigen, der Blattstauden, habe ich zu mir eingeladen. Jahreszeitlich bauen sie Spannung auf. Vom frühen Durchbrechen des Bodens als mystische Spitzkegel, über das Ausbreiten ihrer Blattmäntel im Sommer bis zum goldgelben Aufzucken im Herbst verschaffen sie sich Geltung. Plus, sie sind buntlaubig.
Und dabei wollte ich sie anfangs gar nicht. Ungewollte Kinder mutierten zu Lichtgestalten meiner Gartengestaltung. Wie vieles, was wir wollen oder ablehnen, resultierte meine Funkienablehnung aus den Bildern meiner Kindheit. Damals tippelte ich mit der Oma regelmäßig zum Friedhof, um die Gräber von Onkel und Opa zu pflegen. Fünf von zehn Gräbern dort waren mit Funkien bewachsen, immer dieselben. Lange Zeit waren Funkien also für mich Friedhofspflanzen. Bis endlich, im jetzigen hohen Alter und nach wundervollen Ansichten von Gärten in der bereisten Welt, diese Blattpflanzen mich erkennen ließen, dass sie geschmackvolle Gartenelemente sind. Und zwar jede Pflanze für sich.
Nun verschaffen sie sich Geltung in meinem Garten als große, als kleine, als einfarbige, als gestreifte, als Beetbegrenzung oder als Mittelpunkt einer Pflanzung. Nun liebe ich die unglaubliche Vielfalt. Nun achte ich ihre Bedürfnisse. Und sie bedürfen nur wenig, um mich zu erfreuen. Sie sind die Anpassungsfähigen: aus den feuchten Bergwäldern Asiens kommend, haben sie sich im Sonnensand eingerichtet. Chapeau! Allerdings versorge ich sie so gut wie möglich mit ausreichend Wasser aus dem Tank.
Als große Funkie schmückt sich die „Hosta Whirlwind“ mit cremeweißer Mitte und tiefgrüner Umrandung. Das kleine Mausohr „Blue Mouse Ear“ ist die Zwerg-Funkie mit silbergrauen halbrunden Blättern und zart-lilafarbenen Blüten. Sie wird nur rund 15 cm hoch.
Die Partnerschaft mit Frühlingsblühern, die nach getaner Arbeit in die Erde einziehen, ist optimal. Rings um die Funkien kann sich Lerchensporn ausbreiten, auch Tulpen oder Narzissen. Treiben die Funkien aus, geht der Lerchensporn in den Sommerurlaub. Ähnlich den Maiglöckchen schieben sich im Frühling grüne Zipfelmützen aus den Boden. Vor der noch aufsteigenden Kälte schützen sie sich mit einer kupferroten bodennahen Umhüllung. Kurze Zeit später entrollen sie sich, die eine Art früher, die andere später. Schon die Eistütenform dieses Entrollens verführt zur Dekoration mit Blüten oder Ranken. Jedoch mögen sie das gar nicht, denn sie haben ihre eigenen Blüten. Auf kräftigen Stielen erscheinen zwischen Juni und August je nach Sorte knubbelig runde Knospen, die sich zu Glocken öffnen, oder sie tragen ein Glockenspiel mehrerer schlanker Blüten am Stielkopf. In einigen Gartenzeitschriften habe ich gelesen, dass Profigärtner diese Blüten entfernen, um die Pflanze nicht zu schwächen. Ich lasse sie, entferne erst das Abgeblühte. Ich denke, dass jede Blüte auf ihren Bestäuber wartet. So hat es doch die Natur eingerichtet. Und bestimmt findet eine Hummel oder gar ein Schmetterling den Weg in ein Glöckchen, einen Weg zum Herzen der Blätter, denn diese Pflanzen werden auch Herzblattlilien genannt.
Sie vermehren sich durch ihre fleischigen Wurzelstöcke, bilden auch schon mal Ausläufer. Das ist der Grund, warum sie nicht zur Unterpflanzung unter Clematiskletterer geeignet sind, da sie zur Wurzelkonkurrenz werden.
Wie soll ich die vielen, rund 350 Sorten einteilen? Zum Beispiel könnte ich sie nach der Blattart unterscheiden. Vielleicht trägt diese Strukturierung zur Übersicht bei: Blaublatt, zu der mein kleines „Mouse Ears“ gehört, Grünblatt, was mit hellgrünem Innenblatt und dunkelgrünem Blattrand wächst, das Gelbblatt, das dieses Farbspiel umdreht und innen ein dunkelgrünes Blatt hat und umrahmt wird von cremegelbem satten Blattrand. Die Weißrand-Funkien tragen einen zarten weißen Rand um das hellgrüne spitz zulaufende grüne Blatt, und das Wellblatt hat starke Aderverläufe, wodurch das Blatt gewellt wirkt, was unterstützt wird durch den cremeweißen und dunkelgrünen Farbkontrast eines jeden Blattes.
Im Herbst dann, wenn die Blumen, Sträucher und Bäume im Runterfahrmodus sind, dreht die Funkie noch einmal so richtig auf: Goldgelb leuchten die Blätter. Dann schicke ich sie in Begleitung der Herbstanemone oder des Frauenmantels oder den sich selbst verbreitenden hohen Bärtigen Glockenblumen in den Ruhestand, wenn die Glocken noch von tiefgrünem Blatt umgeben sind. Langsam schleichen sich die Funkien in den Boden zurück und kräftigen sich bis zum Austrieb im Frühjahr.

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