Herbstanemone
Botanisch: Anemone tomentosa / japonica
Sie haben den „Herbst“ im Namen, aber sie starten schon Mitte August, die aparten Herbstanemonen. Im Monat des Erblühens, im August, sind die Windboen noch dezidiert, je weiter der Herbst voranschreitet, desto bewegter wird es in den luftigen Höhen der Blütenköpfe. Sie wiegen sich beschwingt mit dem Wind, denn sie haben einen Namen zu vertreten: „Anemos“, der Wind.
Ihr Namensvater pustet ihnen die Schnecken weg, und so fürchten sie diese Fressfeinde nicht.
Aus dem dichten Horst der weinlaubähnlich geschlitzten Laubblätter recken sich die langen rund 80 cm stabilen Stängel. Als wenn jede Blüte sich nach oben pumpt, um den schönsten Überblick über die Landschaft zu erlangen, recken sie sich über einen Quirl von Hochlaubblättern empor. Darüber teilen sich die Knospenstiele, um die gebührende Erhöhung für die rosa-lila angehauchten oder weißlichen Knospen zu erlangen. Wie Perlen zieren sie die verzweigten Stielenden. Alleine kommt keine Blüte, sie lieben die Gemeinschaft. Für Bienen bieten Anemonen ihre Schalenblüten weit geöffnet an. Der Nektar muss anderswo gesammelt werden, den können sie nicht bieten.
Sie lugen hinter der Hortensie oder durch sie hindurch. Diese ist sehr sperrig und vordergründig. Aber, sie bietet im Winter herabfallendes Laub und schützt die Staude der Herbstanemone. Ansonsten lehnen sich meine Pflanzen mit der schützenden Holzwand im Rücken zurück und lassen die Landschaft um sie herum bunter werden.
Bei mir blühen die Sorten in rosa als „Serenade“ (Anemone tomentosa) und in weiß als klassische japanische Herbstanemone „Honorine Jobert“ (Anemone japonica). Die Blütenköpfe erscheinen für mich wie eine Mischung aus Cosmea und Anemone. Bevor sie voll erblüht sind und sich weit geöffnet haben, kommen sie wie schamhafte Glocken daher. Wahrscheinlich schützen sie das Wertvollste, den Samen, der sich aus der Mitte der Blüte bildet. Aber nicht lange zieren sie sich. Voll geöffnet präsentieren sie sich dann als Sonnenanbeter. Wie luftig leichte Blütenkleider schweben die Blüten über lange Stiele, und haben dabei schon weitere Knospen im Ansatz. Dominant ist der orangefarbene Kranz von Staubblättern in der Mitte der Blüte. Wenn ich ihn anschaue, muss ich unwillkürlich lächeln. Diese Blüten sehen so fröhlich aus. Beim Abblühen und Abfallen der Blätter bleibt der mittige Pollenknubbel zur Samenbildung übrig.
Mit Recht präsentieren sie sich als luftige Schönheiten. Denn der lange Weg aus China, über Japan, macht sie zu Exoten in unseren Gärten. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts brachte der Schotte Robert Fortune sie nach Europa. Was für ein Fortune, was für ein Glück! Sie haben ihre Anpassungsfähigkeit mannigfach bewiesen. Bei mir stehen sie bis zum frühen Nachmittag in voller Sonne, sie lieben aber auch die Halbschattenseite meines Gartenlebens gegen Abend. Sie vertragen einiges an Gartenumwälzungen. Die rosafarbene „Serenade“ scheint sich dann mit ihrer eigenen Serenade zu trösten und wird dafür von mir gelobt. Immer mal wieder wühlte ich zwischen ihren Blatthorsten herum, um doch noch etwas unterzubringen, was meiner Meinung nach unbedingt ein Gartenbewohner werden sollte. Es hat sie nicht gestört. Sie hat die neuen Nachbarn begrüßt und bildet weiter ihre Nachkommenschaft.
Im Winter lasse ich die Samenstände stehen, im Frühjahr schneide ich sie beim Austrieb neuen Grüns. So ist die Freude mehrfach erlebt: Ich erinnere mich, wo die Herbstanemone steht, und die Insekten finden Überwinterungsquartier oder Samen als Nahrung.
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