Frühlingsgarten - Gartensinn

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Mein Frühlingsgarten

Frühlingsanfang: 20. März
Jahreszeit: März - Mai

„Der Frühling ist nun eingekehrt, wohlan, wer will ihn sehen?“ So besingen wir die Jahreszeit nach dem Winter. Wir wollen ihn sehen! Also gehen wir in die Natur, in den Garten, auf den Balkon, in den Wald oder einfach an das Fenster.

Ich entdecke jetzt jeden Tag einen neuen Spross, ein neues Kraut, oder eine Blüte, die gestern noch Knospe war. Und es geht mir so gut! Da haben wir sie wieder, die wechselseitige Wirkung. Lassen wir die kleinsten Naturschönheiten auf uns wirken, wechselt unsere Stimmung zum Positiven. Der Natur ist unser Befinden egal, sie wirkt immer – wenn wir sie lassen.

Der Frühling ist meine Lieblingssaison. Jedoch brauchen wir Gärtner in Zeiten des Klimawandels eine zusätzliche Orientierung neben der Wettervorhersage. Dabei hilft uns der Phänologische Kalender. Mit ihm spazieren wir schon durch den Vorfrühling.

Einer der Zeigerpflanzen für den Vorfrühling ist die Kornelkirsche. Sie erblüht als erster Fruchtstrauch.

Meine Helfer sind die quietschfidelen Vögel. Die spüren es im Federkleid, wann die Familienzusammenführung startet. Sie wollen Hochzeit machen. In den Hecken raschelt es vor Emsigkeit. Die Amselmännchen fechten die letzten Revierkämpfe aus.

Unsere zahlreichen Brutkästen werden vor allem von den Meisen beflogen und bezogen.

Viele meiner Pflanzen habe ich als Insektennahrung ausgesucht und gesetzt. Es spricht sich herum, dass mein Gartentisch mit Nektargaben für alle gedeckt ist. Bestäuber marsch! Ran an die Frühblüher! Und schon beginnt das Brumm- und Summkonzert der Hummeln und Bienen.

Krokus und Hummel sind von den zarten Schneeglöckchen wachgeläutet worden. Diese wagten sich bereits im Januar aus die Erde. Nun werden sie übertroffen durch lila Leuchtkraft und Sonnengelb. Als Kind suchte ich im Januar, ob sich das Glöckchengrün endlich eine Spitze durch den Schnee gebohrt hat. Heute bleibt es die einzige Blume, die ich malen kann: Lanzenblatt, Glocke dran, fertig!

Sobald die Temperaturen steigen, klettern die Farben aus ihren schützenden Zwiebelhäusern. Die Mutigen! Sie strahlen in Blau, in Weiß, in Rosa, auch vor allem in Gelb.

Mit dem Erscheinen der Krokusse wurde der Februar schon manches Jahr zum Frühlingsknaller. Die Blüten der Zwiebelgewächse öffnen sich im Tagestakt.

Die Hummeln riechen das. Die Königinnen der Gartenhummeln lassen sich so schwer in die Kelche fallen, dass sie den Boden berühren. Auch bei Frost oder bei heftigem Regen legen sie In ihrer natürlichen Angepasstheit ihre Kelche einfach am Boden ab, um sie bei halbwegs vernünftigen Temperaturen umgehend wieder aufzurichten.

Zeitgleich schiebt sich der gelbe Winterling in die Kälte. Und was macht die Schneeforsythie in der Zeit? Sie eifert der Hamamelis nach. Indem sie sparrig braune Zweige in den Wind streckt, stellt sie mich ebenfalls auf die Geduldsprobe. Blüten? Ja, Blüten hat sie auch. Wunderschöne rosé-farbene Glöckchen, die den Forsythienblüten ähneln. Aber, diese hier, die Blüten der Schneeforsythie zeigen sich manchmal schon ab Winterausgang. In milden Wintern schon im Februar und bis in den April hinein ist sie eine wertvolle Insektenweide. Daher schütze ich die Blüten mit einem Vlies, wenn Spätfröste zu erwarten sind.

Der Märzenbecher und die Schlüsselblume sind unsere geschützten Frühlingsblüher. Ich habe sie mir vom Fachhandel in den Garten geholt. Eine Wiese mit wildblühenden Schlüsselblumen fand ich im Potsdamer Park Sanssouci. Selbst wenn ich gewollt hätte – die heilsame Wurzel für den Hustentee durfte ich mir nicht ausgraben.

Im Frühling spielt sich vieles kurz über der Erde ab. Bodendecker verbreiten die Botschaft, dass die Wärmeliebenden ihre Blättermäntel auspacken können. Auch die Zaghaften wagen sich im März schon hervor. Manche sind wehrhafter als man so allgemein denkt. Die flauschige kleine Kuhschelle ist ebenfalls geschützt, wehrt sich aber mit Giftstoffen vor Fressfeinden. Mich braucht sie nicht zu fürchten. Ich habe sie aus dem Pflanzencenter für den privaten Artenschutz in meinen Garten geholt.

Der knollenbildende Lerchensporn ist schon wieder am Abblühen und bereitet seinen Rückzug in die Erde vor, da erscheinen die Balkan-Windröschen. Sie gehören botanisch zu den Anemonen und sind in der freien Natur eine geschützte Art. Sie blühen in der Wildnis, in den lichten Wäldern, auf steinigem Untergrund und sind eher weiß. Bei mir sind sie blau und weiß und bedecken mit ihrer rund 15 cm Wuchshöhe den Boden. Es sind die Genügsamen aus der Familie der Hahnenfußgewächse.

Zwischendrin haben sich die Zwiebelgewächse der Scillas, auch Sternhyazinthe genannt, in vielfacher Zwiebelteilung vermehrt. Die rund 10 cm hohen Stängel tragen ihre tiefblauen Glöckchen von März bis April. Wie Sterne am Himmel streuen sie sich über meine Beete und leuchten im schönsten Kobaltblau von März bis April. Wie passend ist ihr Volksname „Blaustern“. Kometenhaft streuen sie ihre Samen aus den Kapseln oder lassen sie durch Ameisen verbreiten. Deren giftige Saponine stören die Ameisen nicht. Da diese emsigen Völker überall in meinem Garten wohnen, ist das Verbreitungsnetz der Scillas entsprechend weitmaschig.

Und nun endlich mal Frühblüher, die nicht giftig sind. Voll im Frühling angekommen ist die Schleifenblume. Je nach Standort, also je wärmer desto üppiger, steht sie Mitte April in voller Blüte. Und wenn der genügsame Bodendecker dann noch mit kontrastreicher Nachbarschaft daherkommt, sind Insekten und Gärtnerin zufrieden. Unter der Magnolie breitet sich der zarte Moossteinbrech aus. Es ist eine empfindsame Steingartenpflanze, die mir schon an einigen Stellen abhandenkam. Sobald ein leichter Wind aufkommt, tanzen die roten Blüten über den zartgrünen Blättern. So verzückt sind die Ameisen davon, dass sie unterhalb des grünen Polsters ein Hügelchen gebaut haben. Nun beanspruchen sie als Erbauer, ungeniert in den Blüten zu posieren.

Etwas erhabener reckt sich der Gelbe Hundszahn, auch Pagodenlilie (Erythronium Pagoda) genannt, rund 30 cm hoch in den April. Wegen der Ähnlichkeit der gebogenen Blütenblätter ist der Zusatz „Pagode“ durchaus gerechtfertigt. Warum aber Hundszahn? Die Wurzel ist der Verursacher dieses wenig schmeichelhaften Namens. Ihre Form ähnelt angeblich einem Hundezahn. Diese wundersam geformte zarte Lilienart liebt es, ihre prachtvollen Blüten unter dem sich bildenden Blätterdach der Magnolie zu schützen.  

Auch die Hyazinthen nutzen den warmen März und April. Aufrecht und vielblütig senden sie ihre Duftwolken in ihre Umgebung. Sie sind die Intensiven. Sie wollen, dass mein Duftgedächtnis ihre Sommerkonkurrenten überdauert. Es gibt dem Namen nach auch die Sommervariante, eine Sommerhyazinthe (Galtonia candicans). An ihren geschmeidigen Stängel hängt sie sich in präzisen Abständen im Juli-August ihre cremeweißen Glocken. Ihr taglilienförmiges Blattwerk hebt die filigrane Erscheinung besonders hervor. Aber wer hat sie mit einer Hyazinthe in Verbindung gebracht? Sie wird auch Kaphyazinthe genannt. Sie kommt aus Südafrika, also von der Nähe des Kaps. Und warum schwingt in der botanischen Bezeichnung „candi…“ mit, Kandis? Sie duftet und lockt Insekten mit ihren Glockenklang vom sonnigen Süden mit seinem süßen Leben.

Meine neuen Bewohner, die Hasenglöckchen, klingeln auch nach Achtung. Sie blühen weiß, rosa und hellblau. Auch die vielen Zwerg-Iris (Iris Reticulata), auch Netzblatt-Iris genannt, sind ein Zugewinn. Würde ich vor ihnen auf die Knie fallen, könnte ich ihren zarten Duft erschnuppern. Ich lasse es. Ich sende die Bienen aus. Die verschwinden in das Innere ihrer Zungenblätter und verbreiten beschwingt heraus summend die Botschaft der neuen Nahrungsquelle. Im Oktober habe ich die Zwiebeln als Dreierverband oder einzeln zwischen Frühblühern gelegt. Die tiefdunklen Lilablüten betonen ihre Schönheit durch ihren Schlips mit knallgelben Tupfen auf ihren Zungenblättern. Nächstes Jahr werde ich ihnen die weißblütige und hellblaue Art als Nachbarn legen. Anscheinend kommen sie als verfrühte Schwertlilien daher. Sind sie aber nicht. Sie erwachsen aus Zwiebeln. Oha, und schon befinden sie sich im Gefährdungsstatus! Wenn meine Gartenwühlerei losgeht, sind die Kleinen höchstgefährdet. Und dabei soll man sie einfach nur in Ruhe lassen und auf ihre selbsttätige Vermehrung warten.

Die genügsamen Primeln, wo sind sie? Sie sind die kleinen Schotten in meinem Garten. Fast so mutig wie die Krokusse, haben sie schon Mitte März ihren ersten Blühschub hinter sich. Nun verschnaufen sie kurz und lassen den Narzissen und Tulpen ihren Auftritt.

Mit den erblühenden Veilchen sind wir schon mittendrin im Vollfrühling. Sie sind die liebenswerten Heimlichtuer. Mit den Ameisen paktieren sie und geben ihre Samen ins Verteilersystem. Aber sie können noch mehr. Wenn ich sie lasse, strecken sie ihre Rhizome unter der Magnolie, der Mahonie, dem Kirschlorbeer aus. Wer hat von wem gelernt? Die Mahonie ist der kraftvolle Dränger durch alle Erden. Kaum habe ich einen neuen Stietz zu fassen bekommen, lugt das nächste hellgrün glänzende Blattpaar schon einen halben Meter weiter in den Halbschatten. Die Mahonie ist wurzel-aggressiv. Sie ist auch blattaggressiv und soll nicht an Stellen stehen, wo man oft hineingreifen muss. Seine Blätter sind bewehrt mit einem sehr spitzen Zackenrand. Der Strauch scheint alles und jeden abwehren zu wollen, was sich nicht Rüsselinsekt nennt.

Bei den Hummeln und Bienen aber ist die Mahonie der Renner. Bei ihr können sie sicher sein, dass die Nektarquelle im Frühling nicht versiegt. Den ganzen Tag lang summt es in den dicht an dicht sitzenden gelben Dolden. Die Hummeln sind poetisch ausgedrückt „trunken vor Glück“. Der lange Hummelrüssel taucht hinein, viele Male, fast ununterbrochen. Die gelbe Blütenpracht ist auch für uns Menschen betörend. Eine kräftig-süße Duftwolke schwebt über dem Strauch: Es duftet nach Honig. Ab Sommer sind es die nachtblauen Beeren, nach denen die Amseln im Sturzflug auf dem Strauch landend gieren.

Der Frühling ist nicht nur für die Bienen da. Er bringt auch jede Menge Gärtnerarbeit. Woran sollen wir uns in Zeiten des Klimawandels orientieren? Ich nutze den phänologischen Kalender und orientiere mich an Zeigerpflanzen.

Wer zeigt mir, wann ich Rosensträucher schneiden soll? Es heißt, wenn die Forsythie blüht, dürfen die Rosen verschnitten werden. Sonnengelb und fröhlich leuchtet eine Forsythie. Aber nicht bei mir. Im Jahr als die Bienen, die Fledermäuse und die bedrohten Pflanzenarten in meinem Garten ihre Wichtung bekamen, musste sie gehen, denn die Forsythie ist keine Bienennahrung.
Nehme ich eben die Scheinhasel. Sie ist mehr Schein als Sein, jedenfalls ist sie kein Haselnussbaum. Die Blattform aber hat sie sich von ihr abgeschaut. Ihre Familie sind die Zaubernussgewächse, wie auch die Hamamelis.
Die allerdings blüht bereits im Winter. Für ihre nur rund einen Meter Höhe nimmt sich die Scheinhasel sehr viel Zeit. Ebenso gemächlich schiebt sie ihre birkengrünen Blätter in den Vollfrühling raus.

Davor aber hat sie schon ihre zartgelben Glockenblüten ins Rennen um die Bestäuber geschickt. Das ist die Zeit, in der auch die Forsythie ihre Blüten öffnet. Als Pluspunkt senden diese Glöckchen hier zarte Duftwolken aus.  

Auch die Lavendelheide öffnet im März ihre Imbißstation für die kälteresistenten Insekten.

Den Schein wahren diese Platzeinnehmenden gar nicht. Es sind die Scheinquitten oder auch japanische Zierquitten genannt. Scheinbar uferlose Wurzeln schieben sie durch das Beet. Grenzt du sie nicht ein, kommen sie dir entgegen. Ihren Platzanspruch rechtfertigen sie mit ihren Blütenreichtümern. Für die Insekten sind sie nährreich, für uns sind sie anmutig. Die Lachsfarbene ist dieses Jahr am blühwilligsten. Die Weiße und die Rote hatte ich stark beschnitten, so dass sie sich mir in diesem Frühjahr nur verhalten zeigen. Im Herbst sammle ich die gelben eiergroßen Früchte auf. Sie duften geheimnisvoll und können verarbeitet werden. Ich verwende sie für Quittenöl zur weiteren Verarbeitung von Hautsalben.

Für das Kaukasus-Vergißmeinnicht hat sich der Boden bereits gut erwärmt. Im Mai erst zeigt es uns sein Himmelblau auf zarten Stielen. Auch die Sandgrasnelke lässt sich Zeit. Dann aber ziert ihr immergrünes Gras die lauchähnlichen Blütenköpfchen.

Zu Pfingsten dann, Ende Mai, Anfang Juni, genieße ich die ballgroßen Blüten der Pfingstrose mit ihrem prägnanten Duft. Sie werden auch Päonien genannt. Als Bauern-Pfingstrosen tragen sie ihr Weiß, Rosa und Tiefrot. Die neuen Züchtungen kommen von Weiß über Àpricot bis Blutrot daher.

Das große Frühlings-Finale spielen in meinem Garten die kleinen Rhododendronsträucher. Sie blühen bei mir in Weiß und Lila. Aber der ultimative Hingucker ist das Duo mit cremefarbenen und lachsrosa Blüten. Auf die Glockenschlünde dieser Immergrünen haben es die Hummeln abgesehen. Nähere ich mich den beiden niedrigen Sträuchern, brummt es ununterbrochen.

So ist der Frühling der große Teamplayer: Er erweckt Tier und Pflanze für die kommenden Jahreszeiten und bereitet den früchteliefernden Herbst vor. Und wir wirken mittendrin. Und ab und an sage ich mir dann die bestechend klaren Worte des Goethedichters im Osterspaziergang vom Doktor Faustus auf: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein.“  




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