Veilchen - Gartensinn

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Veilchen
Botanisch: Viola odorata
Besonderheit: Heilpflanze

Es ist der Tag des Frühlingsanfangs. Sonniger Lenz sieht anders aus. Der Wind pfeift. Nachts gibt es minus 5 Grad in Brandenburg und tagsüber gefühlte Null Grad.
Dem Veilchen stört das nicht. Es gilt als Botschafter des Frühlings. Das kleinste selbstbewussteste Geschöpf unter den Frühblühern trotzt der Kälte mit saftigem Grün sogar bei Minusgraden. So wie die Kleinsten sein müssen, um zu überleben, agiert es pfiffig. Es ist gut vernetzt. Unterirdisch ziehen sich die Ausläufer durch das Beet. Sehr klug lässt es sich beschirmen von den ausladenden Immergrünen. Es ist genügsam im Wasserverbrauch und nimmt das, was die Großen übriglassen. Ungestört, aber geschäftig kann es sich ausbreitend entfalten.
Es breitet seine herzförmigen Blätter um sich, „grundständig“ heißt das, grundanständig ist das. Und zielgerichtet schiebt es dann die zarten Stiele hoch. Daran sitzen die fünf ovalen Blütenblätter, zwei nach oben gerichtet, wie lauschende Häschenohren, drei nach unten. Und wie beim Stiefmütterchen rahmen die beiden äußeren, links und rechts, das mittlere üppigere fein mit einem Adernetz Gezeichnete ein. Es ist das eigentliche Lockblatt: Es lockt zum Eintritt in den zu bestäubenden gelb-weißen Schlund mit den Staubblättern.  

Das Veilchen hilft uns nach grauer windkalter Zeit, an die Schönheit zu glauben. Es glaubten ja schon so viele Generationen über Jahrhunderte hinweg daran. Und sie glaubten an die Schutzwirkung der Pflanze mit herzförmigen Blättern. Die Antike war noch raffinierter, bekämpften sie doch mit Veilchensud den Kopfschmerz nach Alkoholgenuss. Kann man machen, muss man aber nicht. Ich meine, die Alkoholsünden. Den Tee aus dem blühenden Kraut können wir gegen Kopfschmerz, gegen Bronchitis, gegen Schlafstörungen und Husten trinken. Blütensirup mit Tee gemischt hilft ebenso. Auch der Wurzelstock wird für Teemischungen zum auswurffördernden Husten verwendet. Die Veilchenblätter sind eßbar und haben einen hohen Vitamin-C-Gehalt. Sie können auch an Salate gegeben werden. Sogar der Haut kommen Veilchen in Form von Kompressen gegen Ekzeme zugute.
Ob die kleinen Ameisen das wissen? Oder sind die nur wieder auf das Fressen aus? Sie verbreiten die kleinen grünen Samenknollen, die sich nach der Blüte im Herbst am Stängelchen bilden. „Kleistogam“ heißt es, wenn die Samenkapseln sortenreines Saatgut enthalten.

Oder sind die Kleinsten der Insekten unter uns so gewitzt und versorgen sich auf diese Weise mit den heilsamen Inhaltsstoffen? Das Veilchen gilt als Heilpflanze. Seine Inhaltsstoffe helfen, Viren und Bakterien abzutöten. Es sind die ätherischen Öle, die Saponine, die Alkaloide, die uns helfen, gesund zu bleiben.

Damit ist das kleine Veilchen mit den drei guten Gaben ausgestattet:
1.       Es riecht gut. Der lateinische Namen beschreibt diese Qualität als „odarata“, was „wohlriechend“ bedeutet. Die Parfümindustrie hat dies erkannt und verarbeitet die Veilchenextrakte der Duftveilchen.
2.       Es punktet mit seiner mystisch-anmutenden lilablauen Farbe, die zum Namensgeber wurde: violett oder lila.
3.       Und es schmeckt gut: Als kandidiertes Veilchen, oder mit seinen Blättern als Zusatz für Salate oder Suppen.
Die ersten drei Veilchen des Jahres sollen zu Glück verhelfen und Schutz vor Krankheit bieten – wenn man sie ißt. Hab ich getan. Sie schmecken leicht senfscharf. Aber zum Luxusgeschenk wurde erst die gezuckerte Variante - gezuckerte Veilchenblüten.

Schon Jahrhunderte vor der Christenzeitrechnung war das Veilchen legendär. Es rankt sich der antike Mythos, dass die Unterweltsgöttin Persephone zur Erde zurückkehrt. Das Veilchen wird ihr gewidmet. In der Antike ist das Veilchen eine heilige Blume. Sie ist dem Gott Pan gewidmet, dem Hirtengott. Und bei der Gründung Athens trugen die ionischen Nymphen Veilchen. Zeus, der Gourmet jeglicher Art, bot seiner jungen Geliebten Io Veilchen als Süßspeise an. Und siehe, da hat sich die „Io“ in den Namen des Veilchens versteckt. Vor dem Lüstling? Oder zur ewigen Ehrung? V-io-la.
In unserer Gedankenwelt hat die Frühlingsblume eine lange Reise hinter sich. Die Christen nahmen das Veilchen als Symbolblume Marias, Napoleon I. nahm sie als Abzeichen, und die Dichter der Romantik nahmen sie in ihre Gedichte auf.
Ich nehme nur ganz zaghaft wenige ihrer Blüten. Meinetwegen sollen die zartblättrigen Überlebenskünstler ihre Schönheit und Einmaligkeit mit den vielen Insekten teilen.
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