Pfingstrose
Botanisch: Paeonia
Besonderheit: Duftpflanze
Pfingsten. Passend dazu erfreuen uns die Rosen, die gar keine sind. Hahnenfußgewächse sind es. Der sogenannte „Bauerngarten“ kommt ohne Pfingstrosen nicht aus, so sagt man. Was ist mit mir? Ich will sie auch! Die Kusine schickt mir ein Foto von der Pfingstrose, die noch aus Omas Zeiten in ihrem Garten gepflanzt wurde und ihre Pflicht zur Blüte nie vergisst. Auch im Garten unseres Schwiegersohnes hüllt sich die Beetumrandung in weißblühende halbmeterhohe Bauern-Pfingstrosen. Gallegelb werde ich vor Neid. Wo ist meine Fülle? Die Elternpfingstrosen dürfen sich bei mir ausbreiten. Tun sie auch, aber ohne Blüten.
Die Mutter sagte, dass die Pfingstrose nur zu bestimmten Zeiten umgesetzt werden darf, entweder im Frühjahr oder im Herbst. Ich habe nachgelesen: Sie soll nur im Herbst gepflanzt oder umgesetzt werden. Soso. Meinen Fehltritt bestraft sie also mit einer 5-Jahre-Blühverweigerung. Die Bestrafung habe ich akzeptiert und die nächste Pflanzung ordnungsgemäß im Herbst vorgenommen. Ich habe mir eine Baumschulen-Päonie der chinesischen Pfingstrosen gekauft. Einen Sonnenplatz habe ich für sie gefunden. Schon im ersten Jahr blühte sie in einer aparten Farbmischung aus Pfirsichfarbton und Creme. Diesmal habe ich auch auf die Tiefe des Wurzelstocks geachtet: Nur einen Daumen tief sollen sie eingepflanzt werden. Alles richtig gemacht.
Wenn sie solche Diven sind, muss ich sie genauer betrachten. Das Ungewöhnliche sehe ich schon bei ihrem Durchbruch. Sobald sie die Frühlingserde durchbricht, hebt sie den Achtungsfinger. Ihr Laub ist kupferrot angehaucht. Die Spitzen des Laubes sind kaum ein paar Zentimeter aus der Erde geschoben, da scheinen sie auch schon die Frische greifen zu wollen. Und wenn dann die murmelgroßen Kullern an den Stielen erscheinen, sich zu Bällchengröße ausdehnen und über den Blättern thronen, weißt du, die Schönheit öffnet sich.
Poesievolle Bilder entstehen vor mir, vom Sich-aus-der-Erde-Recken im Frühjahr ganz in Kupferrot, vom Schmücken mit Blütenpompons im Mai bis zum Abblühen im Juni mit kreativen Schmuckelementen. Die Samenfäden sind so bizarr, dass der Maler Dalí den ultimativen Kreativkick erlebt hätte. Und dann die Samenstände. Die Zipfel sind so genial angeordnet, dass sie die Pelzkrone des überirdischen Gartenprinzen sein könnten. In Wirklichkeit sind es Balgfrüchte, die die Samen enthalten, und die sogar ausgesät werden könnten.
Den Sommer durch beschatten die dunkelgrünen handgroßen Blätter den Boden; „unpaarig gefiedert“ heißen sie. Und dann, im Spätherbst, schneide ich sie ab Beginn ihrer Welke ab. Später denke ich, da war gar nichts. Sie ziehen sich einfach ins Erdreich zurück. Zurück in die verdickten Wurzeln, Rhizome genannt, schlafen sie den Erholungsschlaf bis ins Frühjahr.
Die Zeit des Ausruhens gönnt sich auch die Gärtnerin und liest über die Päonie nach. Ein göttliches Geschöpf ist es. Ihre heilende Kraft erkannte der Götterarzt Paian. Er ließ den verletzten Gott der Unterwelt, Pluton, durch die Pflanze wieder genesen. Die Kunde der Heilung wird durch den Namen Paeonia erhalten, einer Ableitung des griechischen Gottesnamens Paian.
Nicht überliefert ist, wie diese Heilung vonstattenging. Er wird wohl die Pflanze kaum gegessen haben, denn die Pflanzenteile sind leicht giftig und verursachen Übelkeit und Brechreiz.
Zu der Bauerngartenfülle in Weiß, Rosa und Rot sind die Strauchpfingstrosen hinzugekommen. Sie wachsen rund 1,50 Meter hoch und verholzen, wie das Sträucher so machen. Nur noch nicht bei mir im Garten. Aber wenn das asiatische Gewächs ursprünglich als Heilpflanze angebaut wurde, wär das doch mal eine Pflanzung in meinem Garten wert…