Gurke - Gartensinn

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Gurke
Botanisch: Cucumis sativus
Besonderheit: kalorienarmes Gemüse, Blüten sind Insektennahrung

Grün oder sauer? Egal, meine Begleiter durch alle Zeiten in allen Variationen sind die Gurken. In der Kindheit waren es Einlegegurken, selten Salatgurken. Sie sind Kürbisgewächse, also ranken sie. Weil sie nur einjährig sind, geben sie sich besonders viel Mühe. Die Ranken der grünen Gurkenpflanzen rekelten sich in Omas riesigen Beeten bis die Blätter vergilbten und die Früchte geerntet wurden. Appetithäppchen zwischendurch waren als Belohnung für die Gartenarbeit inbegriffen. Wir aßen sie nach getaner Gartenarbeit zur Erfrischung, kurz an der Schürze oder im Gras abgerieben. Wir schleppten keine rucksackbewohnenden Literflaschen mit uns. Wir nutzten die natürlichen Wasserlieferanten: die Gurken, zum Beispiel. Sie bestehen aus 95% Wasser. Mit ihrem Verzehr versorgten wir uns gleichzeitig mit Vitaminen B, C und E und Mineralstoffen Magnesium, Kalzium, Zink. Gartenarbeit erhielt und erhält gesund!

Welche Voraussetzungen im Garten der Jetztzeit musste ich ihnen schaffen? Wenn diese Pflanzen einfach mal so schelmisch über eine Riesenfläche kriechen, kann ja der Anbau keine Schwierigkeit sein. Dachte ich. Sollte ich sie über den Rasen ranken lassen? Das hätte mir die Missbilligung meines Rasen-Mannes eingebracht.

Das erste Jahr legte ich also die aparten keramikweißen halbzentimetergroßen schlanken Samen in den frostfreien Boden. Mal mitten ins Beet, mal in Holzwandnähe, mal am Zaun, auch im Topf Vorgezogene sollten sich austoben. Sie glitten so dahin, mal rauf, mal runter, manchmal ohne Sinn.

Das nächste Jahr überdachte ich meine These vom Ranken und bot alternativ die Wand. In Augenhöhe wollten die Grünen also behandelt werden. Mit Augenmaß sowieso! An der Wand stand das Rollbeet. Sicherheitshalber startete ich mit gekauften Pflanzen aus dem Gartencenter. Das Dach darüber bot Schutz vor Regen. Nun fehlte den Warmduschern nur noch 20 Grad Entfaltungswärme.  
Hach! Gut, dass ich lesen kann! Gurken, Tomaten, Mangold und und und sind Starkzehrer. Kompost soll sein. Zum Glück geht die Enkeltochter zum Reiten. Die Pferdeäppel sind somit greifbar und vermischbar mit Gartenerde.

Und los ging der Spaß. Ab Mai ohne Nachtfröste setzte ich die Pflänzchen in das wohldosierte Beet hinein. Die winzigen Ranken band ich an Bambusstäbchen und befahl ihnen – nun wachset! Das taten sie. Sie wuchsen über sich hinaus!

Sie zeigten mir und den Insekten ihre sonnenfarbenen Blüten. Die einhäusigen Pflanzen bilden im Normalfall weibliche und männliche Blüten aus. Nicht jede Gurkenpflanze im Garten oder auf dem Balkon wird von so vielen Bienen und Insekten verwöhnt, wie meine Pflanzen. Daher berücksichtigen die neuzeitlichen Züchtungen, dass nur die weiblichen Blüten die wahren Helden sind und Früchte ausbilden. Sie kommen auch ohne Bestäubung aus. Zwei bis drei Wochen nach der Blüte sind die ersten Früchte erntereif.

Zwischenzeitlich war ich brutal. Nach der Ausbildung des fünften Blattes brach ich die Triebspitze aus. Ich sorgte mich um ihre Verzweigung. Dafür hatte ich ihnen ein Rankgitter aus den alten Bambusstäben gebastelt. Zusätzlich zog ich Schnüre zum Erklimmen. Eifrig nahmen die Ranken mein Angebot an und legten ihre zarten Kringel um die dünnen Bambusstäbe und die Schnur.

Und dann hatten sie die Wand erobert. Nur mit zusätzlichen Strapsen konnte ich sie am Gestell festhalten. Ich kappte ihren Haupttrieb, der seinen Zenit erreicht hatte und kürzte die oberen Seitentriebe. Es war genug. Sie hatten sich gemüht, wie der immerkochende Topf im Märchen „Töpfchen koche“. Sie hatten es auch wirklich gut bei mir. Sie hockten windgeschützt, die Sonne beschien die großen rauen Blätter und einen Langzeitdünger verpasste ich ihnen auch. Die Schnecken waren kletterfaul und belästigten sie nicht. Morgens und abends goss ich, natürlich nicht aus dem Wasserschlauch. Tageswarmes Wasser aus der Kanne bekamen die Sensibelchen. Und sie waren echte Säufer: Pro Pflanze sollen 2 Liter Wasser gegossen werden! Das Wasser durfte ich nicht über die Blätter gießen, sonst bildeten sie die weißliche Schicht des Mehltaus. Wärme, die ansonsten Ursache für Mehltau ist, machte ihnen nichts aus.

Sie versteckten ihre Früchte hinter und unter handgroßen gezackten Blättern, die mir ihre raue Seite zeigten. Der Zustand von schön grün bis reif ist bei Gurken pieksig. Sowohl Blätter als auch junge Früchte habe eine „bärtige Haut“, die sich unangenehm angreift. Der Vorteil gegenüber Brennnesseln, die auch pieken, ist, dass sie nicht brennen.

Wie bei Bohnen auch, pflückte ich, sobald die Schale handglatt war. Je mehr ich pflückte, desto mehr wuchs. Ich erntete die Früchte für Mann und mich und begleitete die Gabe mit dem täglichen Kommentar: „Weißt du, dass eine Gurke eigentlich eine Beere ist?“ „Jaja, ich hab´s gelernt. Eine Panzerbeere!“ antwortet er dann sehr schlau. Dafür bekam er als Bonus ein grünes Brot. Ich erinnerte mich, dass unsere Oma sagte, im Sommer brauche sie keine Wurst. Die Scheiben von grüner Gurke aufs Butterbrot oder als Salat, oder auch mit Tomate im Duo, waren im Sommer Erfrischung pur.

Zum Ende der Saison wurden meine Gurken bitter. Ich hatte sie einmal wegen Abwesenheit dursten lassen. Sie revanchierten sich umgehend.

Die Einlegesaison von Gartengurken, ist mir noch sehr bewusst. Der Spätsommer war die Zeit der Einmachgurken. Es gab bei uns die braunen Steinguttöpfe, die rund 30 bis 50 cm hoch sind. Darin wurden die handgroßen Gurken gestapelt, liebevoll umlegt von langen grüngelben Dillstielen. Darüber wurde eine Gewürzlake gegossen, in der Senfkörner kullerten. Im Topfrand musste immer Wasser sein. Dill und Gurke sind in meinem Gedächtnis als DAS Traumpaar verankert. Und dann? Dann kam der Topf in den Keller. Nach rund zwei Wochen bildete sich unter dem Deckel oberhalb der Gurken eine milchige Flüssigkeit. Obwohl die eingelegten Gurken in diesem Stadium noch nicht den Höhepunkt ihres Geschmackes erreicht hatten, war dies der Höhepunkt meiner Gurkenzeit: Ich wollte die Erste sein, die in den Topf hineingreift. Ich war Omas Geschmackstester. Das war die Mutprobe des Jahres. Mit der brennenden Kerze stieg ich die tiefe Steintreppe in den feuchten Keller hinunter, tastete mich an der feuchten Wand entlang und fischte eigenhändig die erste Gewürzgurke aus dem Tontopf. Meine Gier siegte über meine Kellerangst.

Was tut uns eine Gurke Gutes?

In der Kosmetik:
- Als Gurkenmaske durch den Wirkstoff Cucurbitacin für die Haut erfrischend und durchblutungsfördernd

In der Küche:
- Als kalorienarmes erfrischendes wasserreiches Gemüse, auch als Gurkensalat.
- Als süß-saure Gurkensuppe; in Griechenland wird sie lauwarm oder kalt gegessen.
- Als geschmorte Gurken als Gemüsebeilage oder vegetarisches Gericht mit Kartoffeln.
- Als saure Gurken in verschiedenen Variationen wie Dillgurke, Gewürzgurke, Essiggurke. Wer es noch nicht getan hat, sollte den Spreewald in der Lausitz besuchen. Das ist ein El Dorado der Gurkenspezialitäten.


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