Tulpe - Gartensinn

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Tulpe
Botanisch: Tulipa

Wem schenke ich ein Foto? Es sind so viele Schönheiten. In der Poesie symbolisieren Tulpen Liebe und Treue. Bei so viel Schönheit fällt es schwer, an Treue zu glauben.
Als Kind hab ich mich von der großen Tulpenfamilie engagieren lassen; ich sollte als Biene fungieren. Die Tulpen streckten mir im Frühling von meinem Blumenbeet in Mutters Garten ihre verschiedenfarbigen Kelche entgegen. Dachte ich. Aber eigentlich meinten sie die Bienen. Mir doch egal! Die Rote bestäubte ich mit gelbem Pollen, die Gelbe mit rotem Pollen. Im nächsten Jahr erblühten sie fein zweigestreift. Mein Tätigkeitsfeld weitete ich auf den ganzen Garten aus. Nicht immer ging mein Plan auf. Zumindest wusste ich als rund 10-jährige, was Bienen und andere Bestäuber machen, wie ein Tulpengriffel und Stempel aussieht, um die Bestäubung aufnehmen zu können und was sich im Zentrum der breiten Laubblätter aus einem dicken Knubbel entwickelt, - was sich also zur Blüte auswächst. Heute freue ich mich, dass sich meine Enkel dafür interessieren und sich mit dem Pflanzenwachstum zu beschäftigen.
Die Profis unter den Tulpenbestäubern haben mich im Laufe meines Gartentreibens zum Staunen gebracht: Die Vielfalt an Groß und Klein, an Farbgewalt von Weiß bis Schwarzrot, auch an Blattformen ist schier verwirrend. Beglückend auch. Einige der ungewöhnlichen Tulpenkreationen haben in meinem Garten Einzug gehalten. Manche verschwanden wieder. Ich überpflanzte sie mit einem Strauch, oder ich riss sie versehentlich beim Verpflanzen eines Gewächses heraus, oder ich zerstörte sie beim Eingraben einer gerade angebeteten Neuerwerbung. Ich bin halt kein Profi.

Was bleibt, ist die Faszination. Zum Glück bin ich nur fasziniert, noch nicht berauscht. Seit langem schon fasziniert das Tulpenzüchten die Menschheit. Im 9. Jahrhundert züchteten die Perser sie. Vom Sultan des osmanischen Reiches gelangte die trichterförmige Blütenpflanze gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach Leiden in Holland; der Forscher Carolus Clusius sorgte dafür. Den Holländern tat das Blütenwunder nicht gut. Eine „Tulpenmanie“ mit horrenden Handelspreisen überrollte Mitte des 17. Jahrhunderts von Holland aus Europa. Im Spekulationsrausch wurden Existenzen vernichtet. Der Sultan ließ derweil die Fliesen mit Tulpenornamente schmücken und nannte diese Epoche „Tulpenzeit“ (1718-1730). Wichtig für mich sind Tulpen auch als Nahrungsquelle für die Insekten. Vor allem die kleinen und wilden Tulpenformen werden von den Insekten umschwärmt. Sie selbst brauchen Zusatznahrung. Ich dünge sie, wenn sie rund 10 cm aus den Boden schauen.

Die attraktive Zeit der Tulpe kommt zwar erst nach ihrem Wachstumsschub, aber bis dahin spielt sich in ihrer Zwiebel schon allerhand ab. Zum Erblühen brauchen sie 14 Wochen Kältezeit. Darum müssen sie im Herbst gesetzt werden. Dann aber benötigen sie genügend Licht, um zu treiben. Ich setze sie also unter die später austreibenden Sträucher wie Mahonie oder Winterblüte, aber auch die Rosen und andere Blühsträucher sind optimale Nachbarn. Sie profitieren voneinander. Während die Sträucher mit zunehmender Wärme ihre Schönheit entfalten, können die Tulpen in Ruhe ihr Laub einziehen. Spätestens Ende Mai sind sie am Verblühen. Nur noch einzelne Exemplare sind dann im bewunderungswürdigen Zustand.
Was tun mit den Abgeblühten? Es gibt die Pflegevariante des Herausnehmens und Einlagerns bis zum Herbst. Das ermöglicht mir, sie im Herbst zeitversetzt in den Boden zu bringen, so dass ich mich über einen längeren Zeitraum an ihren Blüten freuen kann. Einige Tulpenzwiebeln ließ ich im Boden und hoffe einfach, dass sie sich mir im nächsten Jahr wieder zeigen. Aber es gilt: In den Blättern stecken die Nährstoffe, die die Zwiebel für die Winterruhe braucht. Ich muss mich also gedulden, bis die Blätter vergilbt sind. Was ich konsequent tue: Ich schneide die verblühten Stängel ab. Damit verhindere ich, dass die Pflanze ihre Energie in die Samenbildung steckt. Werden sie blühfaul, sind sie für mich Vergangenheit. „Vergänglichkeit“ symbolisieren Tulpen in der bildenden Kunst nicht umsonst.

Tipp: Es wird gesagt, dass Tulpen in der Vase weiterwachsen. Daher soll man sie nicht schneiden. Mach ich trotzdem. Vor dem Gang in die Vase schneide ich alle Stiele schräg an. Dann durchsteche ich die Stiele direkt unter der Blüte mit einer Nadel. Das verhindert das „Weiterwachsen“ in der Vase. Täglich gieße ich ein wenig kaltes Wasser nach. Über Nacht stelle ich sie in einen kühlen Raum. So halten sie mindestens eine Woche.


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