Farne
Botanisch: Dryopteris, und andere
Besonderheit: Teilweise Heilkraft, teilweise unter Naturschutz
Im Schatten der Efeuwand entwickeln sich drei großen Farne seit Jahren hervorragend. Drei von 10.000 Sorten in der Welt. Der Besuch in Neuseeland offenbarte uns, dass es DAS Farnland mit baumgroßen Farnen ist. Seine Nationalpflanze, den Farn, habe ich auf meiner Joggingjacke eingestickt bekommen. Noch viel lieber hätte ich das handgefertigte Schmuckstück des Christchurch Juweliers aus goldenem Farnwedel mit Jadestein gehabt. … Man kann nicht alles haben. Jetzt habe ich jedenfalls große und kleine Farnsorten im Garten.
Ich liebe ihre Vielfalt. Ich vermag es nicht, ihnen die Original Wald-Umgebung zu verschaffen, versuche aber ein Äquivalent. Die Farne sollen nicht in der vollen Sonne stehen, sollen aber viel Licht erhalten, so sagt das Pflanzschild aus den Niederlanden. Monatlich sollen sie gedüngt werden und reichlich Wasser sollen sie erhalten. Nun ja, moderat richte ich mich danach. Zur Stärkung und zur Entfaltung ihrer Schönheit schneide ich die drei Großen plus die zwei kleinen im Frühjahr bis zum Austrieb zurück. Zum Dank bleiben sie mehrheitlich grün. Als bequemen Nebeneffekt ihres Lebens an der Efeuwand bekommen sie ihren Fuß gemulcht: Ich lasse das Laub des Efeus einfach liegen. Es verrottet, hält die Feuchtigkeit, bietet Winterschutz und ist Nahrung für die Kleinsten, für Käfer und Asseln.
Farne haben über Jahrtausende gelernt. Sie bilden eine Rosette, auch Horste genannt und erwachsen aus einem Wurzelstock. Ihre Blätter nennen sich Wedel, die trichterförmig geformt sein können. In ihren Blatttrichtern nehmen sie Blattstreu zur Umwandlung in Nährstoffe auf.
Diese Wedel tragen unterschiedlich angeordnete Blättchen, die Fieder genannt werden. Auf der Blattunterseite der Fieder tragen sie ihre Sporen, sogenannte Sori. Diese sind wiederum unterschiedlich ausgebildet.
Ich mache es mir schwer. Ich genieße nicht nur die unterschiedlichen Formen und Farben, ich will sie auch einteilen. Welcher Farn bildet Horste, welcher Trichter, welcher bildet Rhizome, welcher hat Sporen, und warum gibt es Farne, die keine haben? Wie beschränkt! Die Natur teilt nicht ein, sondern aus. Nur der Mensch will ständig strukturieren, um zu generieren. Wie bei den Clematis komme ich an meine Grenzen. Also überblicke ich meine Farne jetzt nach Groß und Klein, nach Großfarn - Königsfarn, Sichelfarn, Wurmfarn - und Kleinfarn - Schriftfarn, Schildfarn.
Der Sichelfarn (Cyrtomium fortunei) ist wintergrün und wird bis rund 50 cm hoch. Er gehört zu den Rhizom bildenden Farnen. Der Kräftige trägt seine sichelförmigen Fieder an den rund 50 cm langen Wedeln. Die Fieder sind glänzend und jedes einzelne ist leicht gezackt und sitzt dem Partnerfieder ziemlich starr an der Rippe gegenüber. Ästhetisch treffen sich die Wedel um die Mitte der Pflanze und neigen sich elegant auseinander. Obwohl er so strikt aussieht, soll ich ihm die Konkurrenz vom Leibe halten. Wurzeln, die mit ihm um das Terrain buhlen, mag er gar nicht.
Das Frühjahr ab Mai ist die interessanteste Zeit. Dann rollt er langsam seine Blattschnecken aus. Die Spannung steigt von Tag zu Tag, bis sie sich endlich auseinandergerollt haben und die „Sicheln“ präsentieren. Die fressenden Schnecken halten sich von ihm fern.
Der Sichelfarn zählt zur Gruppe der Tüpfelfarne. Die Fortpflanzung geschieht durch Sporen, wie bei anderen Tüpfelfarnarten auch. Es bilden sich ab Mitte Juni tüpfelartige, perlen- oder punktmäßig aufgeheftete Sporen in Huckelform. Sie tragen ihre Vermehrungsorgane unter den Blättern. Wie aufgeklebter Strass wirkt die Verteilung an der Fiederunterseite.
Unter Naturschutz in Deutschland steht der sich dehnende, der königlich Platz einnehmende, der Königsfarn (Osmunda regalis). Man sagt, dass er bis 1,60 Meter hoch werden kann. Olalah! Das war nicht vorgesehen. Noch mehr überrascht, dass er auf der Rückseite der Wedel keine Sporen trägt. Armer Ritter! Ohne Sporen! Wie erhält er nun die Sippe? Die Vermehrungsfunktion übernehmen die kupferbraunen Ähren, die zwischen den Wedeln erscheinen. Das heißt, der Königliche trägt zwei unterschiedliche Wedelarten. Es wird unterschieden in grün gleich Nährblatt und braun gleich Sporenblatt. Diese Unterscheidung ist das urtümliche Merkmal der Farne. Die Sporen auf diesen braunen Sporenblättern reifen ab Juni bis Juli. Bis zum Herbst wird ihr Laub heller.
Ein Plus schenkt er uns, wenn wir bereit sind, sein Geschenk anzunehmen: Seine Tannine wirken heilend. Die Heilkraft sitzt in den Wurzeln, die im Sud ausgekocht werden und bei kleinen Verletzungen aufgebracht werden.
Schellenbaum-Wurmfarn (Dryopteris filix-mas Linearis Polydactylon) erhielt von Karl Förster, dem Potsdamer Staudengärtner, seinen Namen. Sein förstergrün übersteht den Winter. Er wird rund 70 cm hoch und wächst aus einem Rhizom, aus dem die einzelnen Wedel wachsen. Er gehört zu den Tüpfelfarnen, das heißt, die Sporen, Sori genannt, kleben unter der Fiederseite. Bei ihm sitzen sie ganz speziell entlang der Einzelblätter am Wedel plus noch einmal gehäuft an deren Spitzen wie kleine Büschel.
Der lockere Aufbau der Wedel heißt zweifach gefiedert und hebt den Farn aus der gewohnten Ansicht der Farne heraus. Er sieht verspielt aus, etwas wirr, vielleicht auch unordentlich. Aber gerade dieses Bizarre ist anziehend. Und nicht wenige Besucher bezweifelten, dass dies ein Farn sei, wenn sie meinten, „der sieht ganz anders aus als meiner“.
Meine Kletterrose über ihm bestätigt ihm aber: „Du bist ganz meiner“, und ich denke: Und meiner auch. Denn gegenüber seinen Farnmitgliedern punktet er mit einem extragroßes Plus. Er tut meinem Geruchssinn gut. Immer, wenn meine Hand seine Wedel zu Büscheln formt, verströmt er einen Gurkenduft, sehr frisch, ganz grün.
Dann treten die Kleinen auf die Bühne. Sie sind reizvoll, - wenn man weiß, wo sie wachsen. An die Ecken der Beete habe ich sie gepflanzt:
Der Braune Streifenfarn (Asplenium trichomanes) ist zart mit nur rund 15 cm langen Wedeln. Rundlich sind seine Fieder, die sich ordentlich auf beiden Seiten der dunklen Mittelrippe aufreihen. Erst an den älteren Wedeln bildet er die Schuppen. Er mag es feucht, er bekommt es nicht feucht genug bei mir. Daher fährt er seine Wedel nur mittelprächtig aus. Steinfeder wird er auch genannt, wie passend. Für mich sind die zarten Wedel, jedes für sich, eine Schönheit en miniature.
Der Schriftfarn (Ceterach officinarum) wird auch Milzfarn genannt. Er ist sehr klein mit rund 10 bis höchstens 20 cm langen Wedeln, die sich als Rosette um die Pflanzenmitte legen. Seine tannengrünen Wedel erfreuen mich im Winter als grüne Tupfer. Er braucht Kalkwasser. Ansonsten ist er ein Anpassungstalent: Er kann seine Wedel bei Trockenheit aufstellen, so dass die Schuppen der Blattunterseite vor Verdunstung schützen. Man nennt sie „Spreuschüppchen“. Bei ausreichender Feuchtigkeit legt er die Wedel wieder in Richtung Erdboden ab. Seine Heilkraft nutzte man früher bei Milzkrankheiten.
Und dann gehe ich so durch den Garten in Richtung Tor, schaue mir die Rose an, die ihre Triebe überreich mit Blüten gefüllt hat und sehe ihn. Der ganz normale Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) wächst hier fast unbeachtet. Als Beigabe zu einer Staude gelangte er als Geschenk von meiner Kollegin in den Garten. Ich pflanzte ihn neben die Rose. Und siehe, jedes Jahr wird er größer. Und jedes Jahr stelle ich fest, dass die Natur einige ihrer Überlebenskünstler zu mir schickt. Denn – der hat nie irgendeine Pflege erhalten!