Sommergarten - Gartensinn

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Mein Sommergarten

Sommeranfang: 20. Juni
Jahreszeit: Juni – August
 
Jedes Blühende und Grünende läuft jetzt zur Hochform auf. Zur Vielfalt an Form und Farbe kommt der Duft des Tages, und auch der Nacht.
 
Wir begrüßen den Juni. Es ist der Rosenmonat. Es ist die zitronige Gelbe, die himbeerduftende Karmesinrote, die frische Brise in Weiß und die rosarot Sinnliche, die unseren Duftsinn betört. Rosen! Aus ihren Blüten destilliere ich später Rosenwasser. Für den Rosentee favorisiere ich die Blüten der Dunkelroten.
 
Rosen sind die Gartenkämpfer. Sie trotzen der Kälte, lieben die pralle Sonne, kämpfen gegen Schädlinge und sind Teamplayer. Sie teilen ihre Schönheit gern. Den zarten Trieben der Clematis dienen die Rosen-Rankgerüste als Rück- und Vorwärtshalt. Die Weigelie ist da opportuner. Sie zeigt den Rosen, wie ein Rot auszusehen hat. Sie fährt ihr Kontrastprogramm von Blutrot und Frischgrün auf. Nur einer scheint ihr gegenüber als Konkurrent zu bestehen – der prachtvolle Mohn. Wir haben die kleinen sich überall selbst Aussäenden im Kopf. Der streunende, der wilde Mohn, der hat mich schon immer fasziniert. Anfang Juni waren die Getreidefelder in meiner Kindheit mit der roten Leuchtkraft des wilden Mohns betupft. Dann war lange Jahre Ebbe im Farbkasten der Natur. Mohn, Korn und Kamille wurden zu Unkraut erklärt. Unkraut reduziert den Ernteertrag. Unkraut muss weg. Jetzt endlich können wir wieder den Anblick des wilden Mohnes genießen. Er hat die Feldränder wieder erobert, den Bauern sei Dank. Ende Mai signalisiert er Energie. Rot ist die Farbe der Energie.

Die Natur startet durch. Bei mir ist es der leuchtende Orientalische Mohn. Er ist der frühe und heiß geliebte Pollenspender.
 
Die Vögel haben ihre Brut in die Lebensschule geschickt. Sie werden die Käfer und Würmer zu ihrer Leibspeise machen. Sie lassen uns am Geben und Nehmen, an der Wechselwirkung von „Gibste mir, geb ich Dir“ teilhaben. Und wieder sind es die Bienen und Hummeln, die in die pflanzlichen Schönheiten Bewegung bringen. Zahlreiche Futterpflanzen für ihren speziellen Appetit habe ich bereits gesetzt. Besonders begehrt ist die Dreimasterblume.

Werden die Fledermausfamilien wieder eintreffen? Ihretwegen habe ich die Insektenpflanzen gesetzt. Eine lange Liste habe ich erstellt, welche Nachtdufter in meinem Garten wohnen sollen. Sie sollen nachtaktive Insekten anlocken – als Futter für Fledermäuse. Die Nachtkerze ist imposant und groß und – duftend! Über Wochen hinweg produziert sie sonnengelbe Blüten und viele kleine neue Nachtkerzen. Und zieht die Nachtinsekten an! Und Nachtfalterfallen! Gemein, ja ich weiß. Jedoch, Fledermäuse sind die Bedrohten. Sie bedanken sich für Wasser und Futter mit Flügen durch unseren Garten. In der Dämmerung sitze ich ab Mai und freue mich wie Bolle, wenn aus allen Richtungen die schwarzen Schnellflügeligen über mich hinwegsausen. Durch ihren Zickzackflug sind sie vor meinem Fotoapparat sicher.

Die Glockenblumen füllen durch den Sommer hindurch die blütenlosen Lücken. Sie beleben durch zartes Lila und beglücken die Hummeln mit reichem Pollen. Sie sind liebenswert in ihrer Zartheit. Sie nerven in ihrer Vermehrungswut. Sie sind so bescheiden. Sie sind die Zarten. Sie sind das, was den Garten ausmacht: Vielfältig. UND, sie läuten den Sommer ein. „Campanile“ ist der Glockenturm in Italienisch, „Campanula“ ist die Glocke botanisch. Wie passend.

Die Lilien hatten ihren Höhepunkt im Frühling. Eine Schönheit aber schmückt sich mit falschem Namen im Sommer. Sie ist ein faszinierendes Blütengebilde. Es ist die Taglilie. Sie ist ein Grasbaumgewächs.
 
Auch bei den Nelken schummeln sich Arten ein, die nur dem Namen nach Nelken sind. Aber wenn sie schon einmal dazugehören wollen, dann tue ich diesen anmutigen Duftpflanzen den Gefallen.  Sie wachsen bodennah und lieben pralle Sonne. Karger Boden kann sie gar nicht ärgern. Sie fürchten keine Schädlinge und sie sind genügsam. Ideal für meinen Garten. Gewarnt wird in der Literatur vor Blattläusen, Raupen, Pilzinfektionen; bisher wurde ich davon verschont. Die kleinen Wilden erinnern in ihrem griechischen Namen an ihren göttlichen Ursprung: „Dianthus“ bedeutet Götterblume. 300 Nelkenarten gibt es in Europa, ein Hauch davon nur berührte meinen Garten!
 
Einige Nelkenarten duften sehr intensiv mit dem bekannten herb-würzigen Geruch der Gewürznelke. Jedoch, sie hat nichts mit unserer Gartennelke zu tun. Die Gewürznelke ist die getrocknete Blüte vom immergrünen Baum der Gewürznelke! Um den Göttern näher zu sein, reichen 1-2 Tropfen ätherischen Öles der Gewürznelke. In Sansibar haben wir den Baum in einer Plantage wachsen sehen. Kriege wurden für das kostbare Gewürz geführt. Eine winzige fingergroße braune Glasflasche kaufte ich. Sie birgt die kostbaren Tropfen ätherischen Öls. Es kann verdünnt bei Zahnschmerzen verwendet werden und wirkt gegen Neuralgien, Magenverstimmungen, Muskelschmerzen, Stirnhöhlenbeschwerden. Aber leider wird der Gewürznelkenbaum kein Bewohner meines Gartens werden. Unser Klima hat sich zwar gewandelt, aber tropisches Meeresklima kann ich dem Baum nicht bieten.

Haben die meisten Rosen ihre Blühpause, überbieten sich Phlox, Dreimasterblume und Spornblume und natürlich etliche Kräuter in ihrer Vielfalt bis zum Herbst hinein. Die weitgeöffneten lila Glocken der Ballonblume ziehen in unmittelbarer Nachbarschaft meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie trotzen den Wetterschwankungen mit gleichbleibender Schönheit.

Kräuter, ja, die sind begehrt. Alle Insekten umschwärmen Lavendel, Majoran, Salbei, Borretsch sowieso. Auch die Wildkräuter sind Magneten. Jedes Insekt findet seine geeignete Blüte, ob Wilde Möhre, oder Nachtkerze.

Nicht so ausdauernd, aber faszinierend in ihrer Exotik sind die Montbretien. Vor dem Aufblühen sind sie den Gladiolen zum Verwechseln ähnlich, denn auch sie tragen Schwertblätter. Diese sind aber höher und schlanker. Und - sie sind die frühen. Montbretien verabschieden sich, wenn die Gladiolen gerade aufblühen. Wahrscheinlich haben sie die Absprache getroffen, sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen.
 
Die Gladiolen eröffnen den Juli-Tanz. Sie sind die Sommersymbole schlechthin. Sie schleichen sich aus ihren Knollen im Frühling langsam in das Blühstadium des Sommers hinein.
 
Die Indianernessel, botanisch bezeichnet als Monarda, hat mich gefoppt, aber bei den Hummeln getoppt. Sie avancierte zum Shooting Star der Hummeln. Ich hatte sie aus dem Beet in einen Topf verbannt. Dort gefiel es ihr nicht und sie verabschiedete sich. Dafür tauchte sie in vielfacher Vermehrung im früheren Beet wieder auf. Ihre queckenähnlichen Wurzeln schiebt sie durch das komplette Beet. Sie heißt „-nessel“ und sie ist auch eine!

Im Sommer haben sich die Sträucher ihre Blättermäntel angezogen und bieten nun Unterschlupf für Insekten und Vögel. Der grüne Rahmen des Gartens ist jetzt mit Blüten sommerlich verziert. Leichtigkeit bringen die Gräser hinein. Sie haben den Frühling genutzt, um jetzt in Breite und Höhe ihre Halbzeit zu erreichen. Im Herbst kommen sie so richtig auf Tour.

Die Geheimnisvollen des Gartens sind die Farne. Schon im Frühjahr sind alle meine Farne eine Augenweide in ihren verschiedenen Grüntönen mit verschiedenartigen Formen. Die kuriosen Wedel in Rüsselform werden literaturweit erwähnt und mit griffigen Namen belegt, zum Beispiel mit „Bischofsstab“ oder „Elefantenrüssel“.

Da wird sogar der Perückenstrauch verrückt. Vor purem Übermut wirft er seine Puschel ab und lässt sie durch den Garten wandern. Soll doch jeder noch so dubiose Farn seine Sporen fallen lassen, er ist mit dem Wind im Verbund. Wenn er sich die Perücke aufgesetzt hat, ist er der prachtvollste Gartenbewohner. Dann weiß jeder, warum er seinen Namen trägt, nämlich Perückenstrauch. Er selbst ist nur entzückt, wenn er die Wuschel wieder loswerden kann. Er hat einen Deal mit dem Wind: Gerade wenn jeder sein „Ah!“ und „Oh!“ geäußert hat, lässt er die fusselige Pracht, seine Kinderlein, davonfliegen. Die Samen in Büschelform sind es, die dann durch den Garten rollern. Wie Wattebäusche liegen sie unter den Sträuchern, um die Blumen herum, im Gras, am Zaun. Die Natur ist erfinderisch.

Flächenmäßig passend hat es sich der Klee ausgesucht. Er bedeckt den kompletten Rasen. Diese kleine Pflanze vermehrt sich mit rasender Geschwindigkeit. Rast über den Rasen, bedeckt ihn und lässt ihn aus purem Kleeblatt samt Blüten bestehen. Wie schön für die Wildbienen und Hummeln. Wie nervig für mich. Wenn ich eine herausziehen will, stelle ich fest, dass das Ende der Anfang zum Mittelpunkt einer Pflanze reicht, die sich 20 Zentimeter weiter in die Erde gebohrt hat. Verzweigung an der Sprossachse nennt sich das plus direkte Verzweigung an der Basis. Nun ja, trockne ich eben ein paar Kleeblätter und sende sie meinen Lieben symbolisch als Sommerglück in dreifacher Ausfertigung. Jedes Blatt steht für ein Glück.

Glück gehabt! Was ist das für ein Gewächs? Es wächst in meinem Garten. Die Feige ist ein uraltes Gewächs. Ihre Wurzeln reichen weit vor dem Beginn der Christenheit bis in die Moderne. Sie wird als Baum beschrieben und wirkt wie ein Strauch. Die Blätter sind so groß und ledrig, dass sie auf den Gemälden alter Meister kleidsam zum züchtigen Bedecken reichen. Die Früchte sind geschmacklich neutral und trotzdem in aller Munde. Sie blüht nicht und es erblüht fast jeder, wenn von Feige die Rede ist. Und sie lassen auch Eselsohren wachsen, wenn man vom falschen Baum nascht.

Geerbt von den Eltern, machte ich es ihnen nach und schleppte den Kübel im Herbst rein und im Frühjahr raus. Bis es mir reichte. Vor fünf Jahren pflanzte ich sie in meinem Garten in eine geschützte Ecke. Bei den ersten Frösten umkleidete ich sie mit Pflanzenvlies und später mit großem Reißverschluss-Schutzsack. Sie scheint damit zufrieden zu sein. Selbst den Sandboden akzeptiert sie. Allerdings soll sie die Fähigkeit haben, ihre Wurzeln um das Dreifache der Krone auszudehnen. Na dann …

Und dann, kam er. Vor ihm verneige ich mich ehrfurchtsvoll. Ein Olivenbaum! Ich bewundere diese knorrigen gedrungenen Bäume, die jahrhundertelang ihre Ruhe ausstrahlen. Selbst die Versklavung in Pflanzkübeln macht ihnen nichts aus. Sie nehmen es mit Würde.

Ich habe sie am Toten Meer in Jordanien gesehen, in Griechenland sowieso, und in allen Sonnengegenden auch. Ich wollte auch ein kleines Stück vom historischen Glück, eine Winzigkeit von der Überlebensfähigkeit des heiligen Baumes der griechischen Götter. Und nun steht einer in meinem Garten. Auf seinem Etikett des Pflanzmarktes steht, dass er „bis 2.000 Jahre alt werden“ kann. Ogottogott! Dann muss ich ihn leider rechtzeitig in Obhut geben. Solange schaffe ich es nun doch nicht.

Geschafft habe ich es jedoch, den vielzähligen Sommerblütler wieder zur Pracht zu verhelfen. Einmal im Frühjahr hat der Profischnitter sich radikal beim Sommerflieder, auch Buddleja genannt, ausgetobt. Nun streckt er sich mächtig, damit die Schmetterlinge und Hummeln seine reichen Nektargaben genießen können.

Zart und bewegt, fast grasgleich, kommt dagegen die bodennahe Prachtkerze daher. Mit ihrer filigranen Schönheit habe ich meinen Garten noch einmal gut bestückt.
 
Die Gartenmargariten sind meine Mehrjährigen, auf die ich mich schon im Frühjahr freue. Die kleinen Grünblätter in gezackter Eichenblattform stehen dicht als Blattrosette zusammen und bereiten sich darauf vor, ihre wertvolle Fracht bald freizugeben. Schon im obersten Teil des Stieles ist die weiß-grüne sich bildende Blüte erkennbar. Dann, ab Mai, sind sie das erste Mal prägnant, ruhen kurz und zeigen immer mal wieder blühend im Sommer ihre Sonnengesichter.

Wer im Sommer bei Temperaturen von 35 Grad Celsius herumklettert, ist selber schuld. Denn jegliche körperliche Betätigung lässt den Schweiß perlen. Den Kletterpflanzen in meinem Garten scheint extremer Augustsommer nichts auszumachen. Die beiden Pflanzen des Geißblattes, oder auch Lonicera genannt, erklimmen die Holzwand und sind in der Efeuwand der blühende Tupfer. Ich brauche sie, die Schlingel. Mit ihrer Blüte ziehen sie ab Juni die Nachtfalter an. Denn die Duftblüten beginnen in der Dämmerung ihr frisch-herbes, zitronig-blumiges, leicht lilienähnliches Aroma auszuströmen. Perfekt für Nachtfalter und dämmerungsaktive Insekten. Sie werden vom Duft angelockt. Nachfalter wiederum locken Fledermäuse an. Wenn diese in ihre Dämmerungsflüge starten, finden sie alle den Tisch gedeckt und das sogar bei bedecktem Wetter.

Die andere Kletterpflanze prangt in leuchtendem Gelb-Orange. Es ist die Gelbe Klettertrompete. Sie ist ein Haftklimmer. Sie versorgt mit ihrer Nektarpracht die Bienen und Erdwespen. Mich erfreut sie mit ihrer vielfachen Aktivfarbe. Ich schaue über ihre Sparrigkeit hinweg. An der Holzwand allerdings zügele ich mit rigorosem Schnitt ihren Höhenflug.

Die Sonnenblumen haben sich wie jedes Jahr durch Vogelfraß verbreiten lassen. In allen Beeten und Balkonkästen tauchen kleine Pflänzchen auf. Ende Juli, Anfang August öffnen sie ihre gelben Köpfe. Beladen mit Nektar und Korn geben sie den Insekten ihr Futter. Sobald die Samen gereift sind, verschaffen sich die Vögel durch das Picken in den Samenkörben einen Vorgeschmack auf den Wintervorrat.
 
So von oben herab, sind die Kleinen leicht zu übersehen. Dabei bilden sie erst das flächendeckende Grün und Bunt des Gartens aus. Das bodendeckende Buntblatt hat mich überrascht. Beim Herabneigen steigt mir ein würziger Duft in die Nase. Dieses interessant gemusterte Blatt peppt die Umgebung mit Keckheit auf und zeigt sogar eine weiße Blüte. Es wandert durch das Beet und bleibt dabei immer noch interessant. Vielleicht wandert es zum Hibiskus oder auch Roseneibisch genannt. Er ist der späte Sommergast, aber mindestens genauso vielfältig in seiner Blütenpracht.

Den Zucchinis habe ich große Pflanztöpfe zur Verfügung gestellt, kleine Beete auch. Ich habe mich damit abgefunden, dass sie platzeinnehmende einjährige Blühpflanzen sind, die auch noch einhäusig sind, also entweder männliche oder weibliche Blüten bilden.

Immer mal wieder denke ich, dass ich mich befleißigen sollte, Selbstversorger zu sein. Es ist nicht so, dass ich den popelig-einfachen Radieschen keine Chance gegeben hätte. Es ist nicht so, dass die Bohnen in den Blumenbeeten standen und ich mein Gedächtnis beim Wiederauffinden der erntereifen Pflanzen bemühen musste. Selbst der rot-triebige Mangold versprach den Silberblattschönheiten kraftvolle Untermalung. Gurke, Zucchini, Tomate, Kürbis sind die viel diskutierten Gemüsepflanzen. Würden sie ihr Versprechen nach reicher Ernte immer halten, wären die Diskussionen ja hinfällig. Da ihr Anbau aber nur mäßigen Erfolg produzierte, wende ich mich lieber meinen Favoriten zu, den Salatpflanzen.
 
Bei Speziallieferanten von historischen oder ungewöhnlichen Sorten kaufe ich die asiatischen Sämlinge, den neuseeländischen Salat, die mediterranen Endivien und die Balkonkastensalate. Die gelingen immer, mir sogar. Ich finde, dass das Sprichwort vom Schuster, der bei seinen Leisten bleiben soll, auch auf den Gärtner zutrifft: Gärtner mach, was dir gelingt, und lass, was dir Sorgen bringt.

In diesem Sinne – ich geh´ dann mal den Sommer genießen!

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